„Wenn Sie ihn kennenlernen, werden Sie begeistert sein, weil er eine unendliche Ausstrahlung hat und total fröhlich ist.“ So hat Donata Freifrau Schenck zu Schweinsberg, Präsidentin des DRK Fulda, im Vorfeld der Veranstaltung den Ehrengast Prof. Dr. Jürg Kesselring gegenüber OSTHESSEN|NEWS beschrieben. Und für wahr: den Gästen wurde im Deutschen Feuerwehr-Museum am Mittwochabend mit Charme und Nähe ein hochkarätiger Vortrag präsentiert, der vor allem eine Kernbotschaft besaß: Humanität und Gemeinnützigkeit fängt bei den Mitmenschen an.
Kesselring ist Rotkreuzler und war von 2010 bis 2022 Delegierter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) in Genf, für das er bereits zwischen 1978 und 1982 im Rahmen mehrerer Missionen als Arzt tätig war. Heute ist er Ehrenmitglied des IKRK-Komitees. „Er ist Mediziner, Präsident der Schweizerischen Hirnliga und war viele Jahre im Ausland und in Krisengebieten unterwegs. Seine Erfahrungen und seine Überzeugungen sind prägend für das Leitbild des Roten Kreuz überall auf der Welt“, so die Präsidentin des DRK Fulda bei ihrer Begrüßung. „Wenn man von einem Gefangenenaustausch liest, so kann man sicher sein: Das war die Arbeit vom IKRK, gleichwohl nirgends die Rote Kreuz Flaggen hängen.“
Letzten Herbst wurde er von einer Delegation des DRK Fulda eingeladen und versprach zu kommen – nun löste er sein Versprechen ein. Für Prof. Dr. Kesselring eine Chance, den Mitmenschen die Grundzüge des Roten Kreuz näherzubringen und dabei auch einen kleinen Blick hinter die Kulissen des IKRK zu gewähren. Er erzählte über die Anfänge des DRK rund um Henry Dunant, die Geschehnisse in Solferino und über die Anfänge seiner Karriere beim Roten Kreuz als Delegierter, wodurch er beispielsweise maßgeblich dafür verantwortlich war, dass ganz Süd-Libanon gegen Kinderlähmung geimpft wurde. „Das IKRK ist eine Einheit aus Freiwilligen, die ausschließlich für humanitäre Missionen und für den Schutz von Leben im Einsatz sind. Dabei müssen wir die Würde der Opfer vom Krieg respektieren. Eine unserer Aufgaben ist beispielsweise auch Verstorbene oder Vermisste zu ihren Familien zu bringen. Dies ist eine äußerst wichtige Aufgabe, denn somit können die Hinterbliebenen einen Ort der Trauer erschaffen. Auch wenn es viele Dinge gibt, die unerträglich sind, gibt es Momente, wo man merkt, was man erreichen kann, wenn man sich einsetzt.“
„Humanität ist der Grundsatz“
Entscheidend sei zudem, dass man zwischen humanitären Aktionen und Politik unterscheidet. „Wir sind das ursprüngliche Rote Kreuz, humanitär und daher auch unparteiisch. Man ist neutral, auch wenn dies sprachlich nicht korrekt ist. Denn wir wollen für jede Seite etwas tun. Aktuelles Beispiel: Wenn wir im Ukraine-Konflikt mit Russland humanitär agieren wollen, so dürfen wir nicht nur für die Ukrainer etwas tun, sondern auch für die Russen. Das IKRK ist für alle da“, erklärt Kesselring. „Diese Neutralität und die einhergehende Balance sind äußerst wichtig. Es geht um Vertrauen, das man sich nicht erkaufen kann, sondern mit Spitzendiplomaten erarbeiten muss. Außerdem geht es um Humanität, also den Mitmenschen, egal welcher Hautfarbe oder Nationalität. Man muss sie schätzen. Und natürlich um Unabhängigkeit, speziell finanziell gesehen. So lehnen wir jegliche Spenden ab, die ein eigennütziges Ziel des Spenders als Voraussetzung haben. Daher bemühen wir uns alle anderen Spenden gut im Feld einzusetzen, auch wenn es nicht immer gelingt.“
„Gemeinnützigkeit muss gepflegt und nach Außen getragen werden“
Doch nicht nur Humanität und Neutralität gehört zu den Grundzügen des Roten Kreuz. Auch Gemeinnützigkeit sei essenziell. Ohne sie, würde es schnell gefährlich werden. Es sei daher unzweifelhaft, dass sie gepflegt werden muss und entscheidend für eine funktionierende Gesellschaft ist. „Wir sind eine Gemeinschaft, bei der jeder einen Beitrag leisten sollte, damit sie besser funktioniert. „
Die ganzen Prinzipien innerhalb des Roten Kreuz funktionierend umzusetzen, sei am Ende schwer. „Das funktioniert nur, weil wir eine Gemeinschaft sind, die mehrere Dinge verinnerlicht hat: Empathie, das Wunder des Mitmenschen zu erfassen und nicht nur primär an sich zu denken, sowie aktives Zuhören. Es macht einen entscheidenden Unterschied, ob man jemanden hört oder wirklich zuhört“, betont das Ehrenmitglied der IKRK und führt weiter aus: „Dazu gehört auch, keine Vorurteile zu haben, mit sich selbst im Reinen zu sein und eine nicht verletzende Kommunikation als Basis zu haben. Abwertende Witze sind hier fehl am Platz.“
Letztendlich kann man Prof. Dr. Kesselring nur zustimmen. Das Rote Kreuz hat eine positive Grundstimmung, die es zu pflegen gilt. Sie besteht aus Leitmotiven, die in unsere Gesellschaft untergehen und immerzu in Vergessenheit geraten. Es bleibt demnach nur zu hoffen, dass man mehr Menschen dazu motivieren kann, etwas für Andere zu tun. Denn damit, tut man nicht nur etwas Gutes – man tut auch etwas für sich selbst. (ms)
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